Doping für Profis – und nicht nur für die

Was haben Banker mit Doping zu tun? Wer, was, wie und warum dopen nicht nur Spitzenathleten, sondern auch Manager, Hobbysportler sowie Frauen und Männer im Studentenalter und in der Midlife Crisis? Diese Fragen beantwortete an diesem Abend einer, der sich auf diesem Feld auskennt wie kaum ein zweiter: Dr. med. Beat Villiger. Sein CV ist auf unserer Homepage in der Ankündigung des gestrigen Anlasses nachzulesen, denn zu lang ist die Liste seiner Tätigkeiten und Verdienste. Dennoch sei hier schon einmal so viel verraten: So richtig glücklich war er wohl als Mannschaftsarzt des HC Davos, wenn er nah bei Mannschaft und Trainer Del Curto zum Vertrauten aller Beteiligten wurde.

 

Kein Wunder also, fanden sich zahlreiche Mitglieder und Gäste vor der attraktiven Location des Erlebnisrestaurants Adlisberg ein, um im warmen Licht der Zürcher Herbstsonne einen perfekt gekühlten Weissen zum Apéro im Freien zu geniessen. Doch bald schon rief der Stall und so durfte ich genau dort, also im ehemaligen Stall, das Publikum begrüssen. Kurt Unholz hatte eine ganze Gruppe eingeladen – Familie, Mitarbeiter und Freunde, denen er wieder einmal etwas Gutes tun wollte. Darunter auch Brigitte Oertli, Doppelsilbermedaillengewinnerin (Abfahrt und Kombination an den Olympischen Winterspielen von Calgary 1988) und Bronze-Weltmeisterin in der WM-Kombination von Vail 1989. Einer meiner Gäste war Bigi Meier, mit dem ich in den 70-er Jahren bei GCZ spielte. Die meisten Menschen kennen Bigi als den Mann mit dem Tor des Jahrhunderts im Spiel der Schweizer Nationalmannschaft gegen Deutschland am 16.11.1977. Allerdings muss gesagt sein, dass dieses Tor nicht er schoss, sondern sein deutscher Gegenspieler, Klaus Fischer. Dennoch muss man Bigi Respekt dafür zollen, hatte er doch das Geschick, sich so nah hinzustellen, dass er nun auf ewig mit diesem Tor in Erinnerung bleiben wird. Dabei hätte er das gar nicht nötig gehabt, weil er in diesem Match auch selbst zwei Goals erzielt hatte – das erste zwar als Eigentor, doch das zweite als den Ehrentreffer unserer Nati. Sehr gefreut habe ich mich auch darüber, dass ich das Ehepaar Matzinger-Tanner begrüssen konnte. Die beiden werden für uns im nächsten Jahr eine Führung durch das Kriminalmuseum organisieren.

 

Waren Apéro und Begrüssung bereits interessanter als manche Vorabendsendung im Privatfernsehen, so stand uns der eigentliche Höhepunkt des Abends ja erst noch bevor: Mit Dr. Beat Villiger führte uns ein Hochkaräter, der sein Metier bis ins Allerfeinste kennt, mit einer Selbstverständlichkeit und Nahbarkeit ins Thema ein, die unsere ganze Sympathie weckte. Er nannte (und zeigte) Ross und Reiter, will sagen: skrupellose Dopingsünder, abgebrühte Ärzte, korrupte Verbandsfunktionäre und deren Methoden. Dabei verschlug es uns schon ein wenig den Atem. Denn dem Erfindungsreichtum der Dopenden und ihrer Helfer waren und sind fast keine Grenzen gesetzt. James Bond, Mac Gyver, Jack Ryan, John Mc Lane – oder für die Jüngeren: Jason Bourne und Ethan Hunt – sind wahre Waisenknaben dagegen. Zu den Mitschuldigen zählen aber auch Clubs, Verbände und Veranstalter. In vielen Verbänden gibt es gar keine Kontrolle. Wer wollte denn in den goldenen Lance-Amstrong-Tour-de-France-Jahren, dass das Zugpferd aufgeflogen wäre? Sein Rennstall jedenfalls nicht, und auch nicht die UCI, die TdF-Veranstalter oder seine Sponsoren. Der Star brachte Quote, Live-Zuschauer, PR und Kunden – nicht in Geld aufzuwiegen! Dabei sind Lance Armstrong und der Radsport beileibe keine Einzelfälle. Besonders perfide: Die Dummen sind immer die Athleten. Denn die Folgen von Doping – gesundheitliche Probleme bis zu (unfreiwilligen) Geschlechtsumwandlungen sind ebenso belegt wie Todesfälle – treffen sie auch dann, wenn sie nicht auffliegen (Funktionäre, Ärzte und Verbände sind dagegen fein raus).

 

Tröstlich für mich als Fussballer war immerhin, dass Doping im Fussball meistens gar nichts bringt, weil es Feinmotorik und Koordinationsvermögen stört – was im Mannschaftssport nicht gerade zielführend ist. Doch leider kennen wir inzwischen ja auch im Fussball solche Fälle. Und damit leitete Dr. Villiger über zu seiner Kernbotschaft: Denn nach seiner Ansicht ist Doping Zeichen nicht nur einer sportlichen, sondern auch einer gesellschaftlichen Fehlentwicklung. Denn folgt man den Spuren und den Mengenstatistiken des Verbrauchsmaterials, dann dopen auch Hobby-Sportler, dass sich die berühmten Balken biegen. Manager, Ärzte, Künstler, Studenten und alle, die besondere Leistungen erbringen zu glauben müssen, dopen mit Ritalin oder anderen sogenannten Congitive Enhancers. Und letztlich (ich musste es schliesslich dann doch auch zugeben) dope auch ich: mit einem Gläschen Rotwein, oder auch mit deren zwei.

 

Das schmeckte im Übrigen vorzüglich zum Menü des Abends: Wir starteten mit einer Salatschüssel (trotz meiner Blähungs-Warnung), genossen einen feinen Hackbraten mit Härdäpfelstock und einem echten Seeli aus perfekt abgeschmeckter Sauce, bevor wir uns alle der «Heissen Liebi» hingaben – gemeint ist natürlich das Dessert, auf das Kurt Unholz trotz meines Warnfingers bestanden hatte, was ihm viel Beifall der Anwesenden – vor allem von unserem Kommunikationsprofi Dieter Brecheis einbrachte. Dem Dank an Kurt möchte ich mich anschliessen. Er hat mit viel Überzeugungskraft einen hochkompetenten und angesehen Referenten organisiert, der eigentlich gar keine Zeit hat … Dank auch unserem Kassier Jürg, der mit der ihm eigenen Zuverlässigkeit wieder einmal dafür sorgte, dass am Schluss nicht nur die A- sondern auch die B-Probe keine Auffälligkeiten zeigte.

 

Hier die ersten Photos: https://photos.app.goo.gl/78R0SMcj9oOvvZTz2